Wohin geht die Reise als Händler?

Megatrends und Autohandel

Wohin geht die Reise als Händler?

6. Dezember 2023 agvs-upsa.ch – Branchenexperten wie Olivier Wittmann von der Amag und Markus Schwingel von Hedin sprachen über die aktuelle Transformation der Mobilitätsindustrie und erläuterten dabei auch die Zukunft der Händler. Jürg A. Stettler

as24_artikel_1.jpgZukunftsforscher Georges T. Roos. Fotos: AGVS-Medien

Nicht in den Rückspiegel schauen, sondern den Blick nach vorne zu richten, war bei der letzten After-Work-Session von Autoscout24 entscheidend. Und zwar weit nach vorne, über kurzzeitige Trends oder Modeerscheinungen hinaus; daher zeigte mit Georges T. Roos einer der führenden Zukunftsforscher der Schweiz 13 Megatrends auf. Die rund 120 Gäste, darunter auch viele Garagistinnen und Garagisten, interessierten vor allem die drei Megatrends, die Roos als Gamechanger für die Automobil- und Handelsbranche bezeichnete: «Das Klima, die alternde Gesellschaft und technologische Fortschritte, so dass vielleicht sogar der Verbrenner überleben kann.»

Positive Impulse und Anreize gefragt
Wichtig war dem Zukunftsforscher zudem klarzumachen, was er unter Megatrends versteht: «Sie brauchen drei Eigenschaften: Sie sind langfristig – also 10, 20, 30 Jahre; es sind globale Veränderungen und nicht nur auf die Schweiz bezogene, und sie sind ubiquitär; das heisst: Sie haben auf alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekte und Bereiche einen Einfluss, somit auch auf den Autohandel.» Es gebe Branchen, die enorm profitieren könnten von Trends, aber in der Autobranche sei beispielsweise die Dekarbonisierung nun sehr disruptiv gewesen. «Es muss ein Trend – auch in der Autoindustrie – hin zur Kreislaufwirtschaft geben, um die Ressourcen besser zu nutzen», so Roos, «dazu braucht es jedoch positive Impulse und Anreize zur Veränderung.»

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Die ständige Diskussions ums Klima verdänge die unweigerliche Überalterung der Gesellschaft bis 2040.

Klima überschätzt, Überalterung unterschätzt
Im Vergleich zum Klimawandel werde aber vor allem der demographische Wandel unterschätzt. «In Europa wird die Bevölkerung bis 2050 beispielsweise schrumpfen, in Afrika wird sie sich wohl verdoppeln», erläuterte der Zukunftsforscher. «Läuft das wirtschaftlich gut, ist das positiv für den Rest der Welt. Läuft es nicht ideal, dann wird es eine weitere Herausforderung werden.» 2040 wird die Schweiz wohl 10 Millionen Einwohner haben und die Bevölkerung werde primär im Bereich der Senioren wachsen. «Jeder Vierte wird 65 oder älter sein. Es wird doppelt so viele Menschen über 80 geben», erläuterte Roos und machte den anwesenden Garagisten klar, dass sie viele ältere Kunden mit anderen Ansprüchen an die Mobilität und Autos haben werden.

as24_artikel_2.jpgAutonomes Fahren wird für grosse Veränderungen bei der Mobilität sorgen.

Für Roos wird autonomes Fahren die Mobilität nochmals klar verändern. «Neben dem ÖV werden wir in 20 Jahren eine Flotte an autonomen Fahrzeugen haben, aber auch Zonen in der Stadt, die für den MIV nicht mehr zugänglich sind», mahnte er. Sonst komme es unweigerlich zu noch grösseren Staus, weil autonome Fahrzeugen auch Leerfahrten machen und zudem Leuten offenstünden, die ansonsten noch keine Fahrzeuge nutzen.

as24_artikel_podium.jpgAngeregte Diskussion zwischen den Experten beim abschliessenden Podium.

Podiumsgespräche zu Agenturmodell, BEV und mehr
Zusammen mit Alberto Sanz de Lama (Managing Director Automotive bei der Swiss Marketplace Group), Olivier Wittmann (Managing Director Amag Import), Markus Schwingel (CEO Hedin Automotive Schweiz), Fabian Kallen (Manager Sales E-Mobility bei der BKW) diskutierte Georges T. Roos dann unter der Moderation von Beat Jenny, wohin die Reise als Händler und Händlerin bei diesen ganzen Trends gehen wird. Olivier Wittmann unterstrich hier die Bedeutung der Vernetzung zwischen Kunde, Fahrzeug, Marke beziehungsweise Händler: «Wir sind in diesem Wandel drin, und wenn wir die Keyplayer nicht vernetzen, dann werden wir den Wandel nicht schaffen.» Markus Schwingel von Hedin macht sich trotz möglichem Agenturmodell keine Sorgen, als Retailer habe man auch eine Marge, selbst wenn der Kunde lediglich Dienstleistungen buche: «Ein Betrieb muss sich neu erfinden, vielleicht nicht in den nächsten fünf Jahren, sondern in den nächsten 15 Jahren: Wartung, Reinigung, Prüfung – in all diesen Dienstleistungsbereichen muss man als Händler künftig gute Arbeit abliefern.»

Übersichtsplattformen bleiben wichtig
Autoscout24-Chef Alberto Sanz de Lama ist überzeugt: «Es braucht weiterhin auch eine Übersichtsplattform wie Autoscout24. Wer sucht und wo man sucht, das wird bleiben, aber mit welchem Device man Occasionen und Neuwagen sucht, das wird wohl ändern.» Man sei heute leider noch weit davon entfernt, die besten Infos zu jedem Gebrauchten zu haben. «Wir müssen die Geschichte des Fahrzeugs kennen. Wir müssen uns auch innerhalb der einzelnen Akteure am Markt besser vernetzen», regte er an. Auf die noch geringe Anzahl an Elektro-Autos auf seiner Plattform angesprochen, erwiderte Sanz de Lama: «Innert zwölf Monaten ist die Anzahl der BEV von 17'000 auf 30’000 gestiegen.» Spannend sei auch der BEV-Preis, der im gleichen Zeitraum von 58'000 auf 52'000 Franken gesunken sei.

as24_artikel_4.jpgModerator Beat Jenny, Zukunftsforscher Georges T. Roos und Alberto Sanz de Lama, Managing Director Automotive bei der Swiss Marketplace Group, während des Gesprächs (v.l.n.r.).

«Wir haben uns zuletzt auf die BEV-Neuwagen konzentriert, auch wegen der drohenden CO2-Sanktionen. Nun müssen wir uns um die E-Gebrauchten kümmern, um keine Gefahr für unser eigenes Business zu generieren», sagte Olivier Wittmann von Amag dazu. Und sein Kollege von Hedin Automotive Schweiz, Markus Schwingel, sieht in den E-Fahrzeugen auch Chancen für Garagen: «Batterie-Reparaturen sind ein Geschäftsfeld, genauso wie die Prüfung der Batteriezellen. Das ist selbst für freie Händler eine Chance, wenn man sich dem Thema annimmt.» Er räumte aber ein, dass man dafür Spezialisten brauche. Daher glaube er, dass es im Garagengewerbe weitere Zusammenschlüsse geben wird, da man als kleiner Händler durch den steigenden Aufwand und mit den tieferen Margen kaum überleben könne.

as24_artikel_5.jpgMarkus Schwingel, CEO Hedin Automotive Schweiz, Fabian Kallen, Manager Sales E-Mobility bei der BKW, und ), Olivier Wittmann, Managing Director Amag Import, diskutierten auch über den Einfluss der E-Autos auf den Handel (v.l.n.r.).

Persönliche Beratung bleibt wichtig
Mut machte den anwesenden Garagist-innen und Garagisten, dass Olivier Wittmann die Bedeutung der persönlichen Beratung beim Autokauf unterstrich: «Der digitale Weg ist effizienter, aber er schafft auch mehr Zeit für die Beratung durch den Verkäufer.» Autoscout-Chef Sanz de Lama ergänzte: «Der Kauf wird online gehen. Es gibt aber Schritte, die man nicht digital machen kann, etwa die Probefahrt. Auch Batterien und Ladeinfrastruktur brauchen Beratung vom Händler.» Hier seien noch zu viele Fragen offen und es fehlten gemeinsame Standards. Und Hedin-CEO Schwingel machte klar: «Der Kunde kauft dort, wo er sich wohl fühlt.»

Eine Vertrauensperson, wie ein Garagist, der ihm als kompetenter Mobilitätspartner zur Seite steht, egal ob sich der Kunde für ein Elektro-Auto, ein Leasing- oder ein Abo-Modell entscheidet oder einen Service benötigt, bleibt also auch in Zukunft wichtig. Auf die künftige Bedeutung des Autos und die emotionale Bindung zu Autos von vielen Kunden angesprochen, erläuterte Markus Schwingel: «Man identifiziert sich mit einem Produkt, einer Marke beim Auto und der Mobilität ganz allgemein. Mit einem On-Demand-Elektrobus möchte ich mich nicht identifizieren, selbst wenn er mir 2040 Mobilität garantieren mag…»
 
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